Zu hören sind Werke aus dem deutschen Frühbarock. Im Mittelpunkt stehen Lieder von Michael Praetorius, für dessen 400. Todestag im Februar 2021 der Chor aktuell eine CD- Einspielung gemeinsam mit der Capella de la Torre unter der Leitung von Florian Helgath aufnimmt.

Live-Konzert-Mitschnitt vom 06.12.2020 aus dem Großen Sendesaal des rbb

Aufgrund der Beschränkungen im Kulturbereich musste das für Ende November 2020 angedachte Konzert Spiel der Nordlichter mit Grete Pedersen auf unbestimmte Zeit verschoben werden. Chefdirigent Justin Doyle hat stattdessen mit dem RIAS Kammerchor ein Adventsprogramm gestaltet.

Zu hören sind Werke aus dem deutschen Frühbarock. Im Mittelpunkt stehen Lieder von Michael Praetorius, für dessen 400. Todestag im Februar 2021 der Chor eine CD- Einspielung gemeinsam mit der Capella de la Torre unter der Leitung von Florian Helgath aufgenommen hat. Außerdem erklingen Werke von Johannes Eccard, Andreas Hammerschmidt, Hans Leo Hassler, Johann Hermann Schein und Heinrich Schütz. Begleitet wird der RIAS Kammerchor von Aleke Alpermann am Violoncello und Christine Kessler an der Orgel.

Das Konzert wurde von Deutschlandfunk im Großen Sendesaal des rbb aufgenommen und am 6. Dezember im „Konzertdokument der Woche“ gesendet.

Justin Doyle | Dirigent
Aleke Alpermann | Violoncello
Christine Kessler | Orgel
RIAS Kammerchor Berlin

Auch wenn die Nordlichter vorerst nicht leuchten werden, werden wir singen. Traditionell bedankt sich der RIAS Kammerchor jedes Jahr mit einem Adventssingen im Funkhaus in Berlin- Schöneberg bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von Deutschlandradio. Da wir unter den aktuellen Umständen nicht vor Publikum auftreten können, werden wir unseren Adventsgesang dieses Jahr weltweit hörbar machen. Wir hoffen, dazu beitragen zu können, dass unsere Zuhörerinnen und Zuhörer trotzdem eine schöne Adventszeit verbringen – egal, von wo aus sie uns hören.

Justin Doyle

Das Wirken von Andreas Hammerschmidt ist untrennbar mit dem Musikleben der Stadt Zittau verbunden. Von 1639 bis zu seinem Tod 1675 war Hammerschmidt hier als Organist an der St. Johanniskirche tätig. Der Schwerpunkt seines Schaffens lag auf der Kirchenmusik, Hammerschmidt veröffentlichte eine Vielzahl von Sammlungen mit Motetten und geistlichen Konzerten, denen deutsches Bibelwort bzw. zeitgenössische Kirchenlieder zugrunde liegen.

Links:

Noten: https://www.cpdl.org/wiki/images/d/d7/Nh_Hammerschmidt_Machet_Tore.pdf

 

„Wes ist der Ton / der Klang / und die so schönen Weisen?
Hör ich Herrn Hammerschmidt? Er leihet ja die Hand /
Und spielt was alle Welt / was alle Zeit wird preisen / 
So lange man noch spielt / und singen bleibt bekannt.“

Mit diesen poetischen Worten beginnt eine Laudatio auf den Zittauer Stadtorganisten Andreas Hammerschmidt, die in dessen 1645 veröffentlichter Sammlung „Geistlicher Dialogen ander Teil“ abgedruckt ist. Das Lobgedicht stammt von keinem Geringeren als dem renommierten Wittenberger Dichter und Poetik-Professor August Buchner (1591–1661) und weist damit auf die überregionale Popularität des Komponisten hin. 

Aus dem böhmischen Brüx stammend, gelangte Hammerschmidt zunächst nach Freiberg, wo er einige Jahre als Organist der Petrikirche beschäftigt war. Von 1639 bis zu seinem Tod wirkte er jedoch als Organist der Johanniskirche in Zittau und erfüllte in dieser Stadt de facto die Funktion eines Musikdirektors. 

Zu den heute populärsten Kompositionen Hammerschmidts zählt die sechsstimmige Motette „Machet die Tore weit“ – eine Vertonung von Versen aus dem Psalm 24, die traditionell mit der Adventszeit in Verbindung gebracht wird. 

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Noten: https://www.cpdl.org/wiki/images/d/d7/Nh_Hammerschmidt_Machet_Tore.pdf

Machet die Tore weit
und die Türen in der Welt hoch,
dass der König der Ehren einziehe.
Wer ist der selbige König?
Es ist der Herr,
stark und mächtig im Streit.
Machet die Tore weit
und die Türen in der Welt hoch!
Hosianna in der Höhe.
Hosianna dem Sohne Davids.

Michael Praetorius gilt als überragende Musik-Autorität des frühen 17. Jahrhunderts. Er hat aber nicht nur bahnbrechende theoretische Schriften verfasst und vielstimmige Choralkonzerte komponiert, sondern ist auch der Autor eines der heute berühmtesten Weihnachslieder, das gerade in seiner Schlichtheit fasziniert: „Es ist ein Ros’ entsprungen“.

Links:

Noten: https://www.cpdl.org/wiki/images/a/ad/Praetorius-Es_ist_ein_Ros.pdf

Mit dem Symbol der Rose spielt das Weihnachtslied „Es ist ein Ros’ entsprungen“. Dabei gibt die erste Strophe des im 16. Jahrhundert wahrscheinlich im Umkreis des Kartäuserordens entstandenen Liedes zunächst ein Rätsel auf: Berichtet wird von einer Wurzel, die auf wundersame Weise des nachts im Winter eine Rosenblüte hervorbringt. Mit der Erwähnung von „Jesse“ ist bereits ein Hinweis auf den von Matthäus und Lukas dokumentierten Stammbaum Christi gegeben, der auch auf Isai (die latinisierte Form lautet „Jesse“), den Vater König Davids, zurückgeht. Die zweite Strophe des Liedes löst das Rätsel auf, wobei hier verschiedene Textversionen zum Tragen kommen: In der ursprünglichen Fassung werden Maria als der Rosentrieb und Jesus als das Blümlein bezeichnet („Das Röslein, das ich meine, … ist Maria, die Reine, die uns das Blümlein bracht“). Michael Praetorius, der eine textliche und musikalische Revision des Chorals anfertigte, bezog den Text im protestantischen Sinne ganz auf das neugeborene Kind („Das Röslein … hat uns gebracht alleine Marie, die reine Magd“).

Links:

Noten: https://www.cpdl.org/wiki/images/a/ad/Praetorius-Es_ist_ein_Ros.pdf

1. Es ist ein Ros entsprungen
aus einer Wurzel zart,
Wie uns die Alten sungen,
von Jesse kam die Art,
Und hat ein Blümlein bracht,
mitten im kalten Winter,
wohl zu der halben Nacht.

2. Das Röslein, das ich meine,
davon Jesaias sagt,
Hat uns gebracht alleine
Marie, die reine Magd.
Aus Gottes ewgem Rat
hat sie ein Kind geboren,
wohl zu der halben Nacht.

3. Das Röselein so kleine,
das duftet uns so süß,
Mit seinem hellen Scheine
vertreibts die Finsternis.
Wahr Mensch und wahrer Gott;
hilft uns aus allem Leide,
rettet von Sünd und Tod.

Beste Adventsmusik aus Berlin: Johann Eccard, vor reichlich 400 Jahren kurfürstlicher Kapellmeister in Berlin, komponierte mit der Motette „Übers Gebirg Maria geht“ einen adventlichen Evergreen, der in seiner Intimität und Eindringlichkeit jedes Jahr aufs Neue beeindruckt. 

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Noten: https://www.cpdl.org/wiki/images/b/b8/CPDL%C3%9Cbers_Gebirg.pdf

Im Alter von 21 Jahren veröffentlichte Johann Eccard in seiner Geburtsstadt Mühlhausen einen Druck unter dem Titel „Zwanzig neue christliche Gesänge“. Zweifellos wollte Eccard mit dieser „musikalischen Visitenkarte“ seine Chancen auf eine attraktive Anstellung erhöhen. So wies er im Vorwort ausdrücklich darauf hin, dass er „von Jugend auf zu der Musik vor allen andern Künsten sonderlich Lust und Lieb getragen“ und „dieselbige von den berühmtesten Musicis und Komponisten itziger Zeit“ gehört und „ex fundamento“ studiert habe. In der Tat ist Eccard unter anderem als Schüler von Joachim à Burck in Mühlhausen und Orlando di Lasso in München nachweisbar.

Drei Jahre nach seiner ersten Publikation gelangte Eccard in den Dienst der vermögenden Augsburger Fugger-Familie. Später ging er als Kapellmeister an den Königsberger Hof und folgte schließlich 1608 einem Ruf nach Berlin, wo er bis zu seinem Tod das Amt des Kurfürstlichen Kapellmeisters bekleidete. Im Zentrum seines Schaffens standen mehrstimmige geistliche und weltliche Lieder. 

Der schlichte, fünfstimmige Liedsatz „Übers Gebirg Maria geht“ schildert die Begegnung Mariens mit ihrer Base Elisabeth, unmittelbar nachdem der Engel ihr die bevorstehende Geburt eines Sohnes verkündigt hat. Eccard komponierte das Werk zum Fest der Heimsuchung Mariens (2. Juli), veröffentlicht wurde es posthum in der Sammlung „Preußische Festlieder“.

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Noten: https://www.cpdl.org/wiki/images/b/b8/CPDL%C3%9Cbers_Gebirg.pdf

1. Übers Gebirg Maria geht
zu ihrer Bas Elisabeth.
Sie grüßt die Freundin, die vom Geist
freudig bewegt Maria preist
und sie des Herren Mutter nennt;
Maria ward fröhlich und sang:
Mein Seel den Herrn erhebet,
mein Geist sich Gottes freuet;
Er ist mein Heiland, fürchtet ihn,
Er will allzeit barmherzig sein.

2. Was bleiben immer wir daheim?
Lasst uns auch aufs Gebirge gehn,
da eins dem andern spreche zu,
des Geistes Gruß das Herz auftu,
davon es freudig werd und spring,
der Mund in wahrem Glauben sing.
Mein Seel den Herrn erhebet,
mein Geist sich Gottes freuet;
Er ist mein Heiland, fürchtet ihn,
Er will allzeit barmherzig sein.

Hans Leo Hassler war eine außergewöhnlich vielseitige Persönlichkeit. Er wirkte als Musiker in seiner Heimatstadt Nürnberg, in Augsburg und in Dresden, machte sich aber auch als Erbauer von Spieluhren und Orgelautomaten einen Namen. Von den gekrönten Häuptern seiner Zeit wurde er geliebt und gefördert, Kaiser Rudolf II. sprach von „unserem und des Reichs lieben getreuen Hans Leo Hassler“. Hinterlassen hat Hassler ein umfangreiches Werk, darunter vor allem geistliche und weltliche Vokalmusik, aber auch Kompositionen für Instrumentalensemble und Orgelmusik.

Links:

Noten: https://www.cpdl.org/wiki/images/5/5d/Dixit_Maria_-_Hassler.pdf

Hans Leo Hassler wuchs in Nürnberg auf und erhielt seine musikalische Ausbildung unter anderem bei Leonhard Lechner in seiner Heimatstadt. Um die moderne italienische Musik kennenzulernen, ging er 1584 für knapp zwei Jahre nach Venedig, wo er Unterricht bei Andrea Gabrieli erhielt. Vermutlich auf Vermittlung seines venezianischen Lehrers gelangte Hassler dann 1586 in den Dienst der einflussreichen Kaufmannsfamilie Fugger. An deren Stammsitz in Augsburg diente er als Organist und Komponist und stieg allmählich zu einem der angesehensten deutschsprachigen Musiker auf. Direkte Kontakte ergaben sich zu Kaiser Rudolf II. sowie zu weiteren Regenten. Um 1601 wechselte Hassler zurück in seine Heimatstadt Nürnberg, wo er allerdings vor allem als Geschäftsmann und Hersteller von Spieluhren und Orgelautomaten tätig wurde. Seine letzten Lebensjahre verbrachte er dann als hochbezahlter Kammerorganist des sächsischen Kurfürsten Christian II. in Dresden. Hasslers Motette „Dixit Maria“ gibt die vom Evangelisten Lukas überlieferten Worte der Maria nach der Verkündigung des Engels wieder. Erstmals veröffentlicht wurde das Stück 1591 in der Sammlung „Cantiones Sacrae“. 

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Noten: https://www.cpdl.org/wiki/images/5/5d/Dixit_Maria_-_Hassler.pdf

Dixit Maria ad angelum:
Ecce ancilla Domini,
fiat mihi secundum verbum tuum.

Da sagte Maria zu dem Engel:
Siehe, ich bin die Magd des Herrn,
mir geschehe nach deinem Wort.

2021 ist Praetorius-Jahr, begangen wird der 400. Todestag dieses außergewöhnlichen Komponisten und Musiktheoretikers. In seiner opulent besetzten Sammlung „Polyhymnia“ veröffentlichte er 1619 feierliche Choralkonzerte, darunter auch „Wie schön leuchtet der Morgenstern“. 

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Noten: https://www.cpdl.org/wiki/images/f/fc/Prae-wie.pdf

Geboren um 1572 in Creuzburg an der Werra, wuchs Michael Praetorius als Sohn eines Pfarrers auf, der seinerseits noch bei Martin Luther und Philipp Melanchthon studiert hatte. Auch Michael Praetorius strebte ein Theologiestudium an und ging dafür nach Schuljahren in Torgau und Zerbst an die Viadrina nach Frankfurt (Oder). Um sich sein Studium finanzieren zu können, wirkte er dort bereits als Organist an der Universitäts- und Pfarrkirche St. Marien und erarbeitete sich erste musikalische Reputation. Um 1589 verließ er Frankfurt und setzte seine Studien in Helmstedt fort. Hier wurde der in Wolfenbüttel residierende Herzog Heinrich Julius von Braunschweig auf die umfassenden Begabungen von Praetorius aufmerksam und engagierte ihn 1593 als Hoforganist. Da Heinrich Julius in Personalunion auch postulierter Bischof im (protestantischen) Halberstadt war, ergaben sich für Praetorius enge Verbindungen zu dieser Stadt sowie zur Bischofsresidenz nach Gröningen (bei Halberstadt). 

Für seinen Dienstherrn war Praetorius außerordentlich vielseitig tätig: Er schrieb zahlreiche Kompositionen, hatte als Hofbeamter aber auch häufig allgemeinere Aufgaben eines Sekretärs zu übernehmen und begleitete den Herzog regelmäßig auf Reisen. 1604 stieg Praetorius dann zum Kapellmeister auf und war damit für alle musikalischen Aktivitäten am Hof verantwortlich. 

Der Ruf von Praetorius als herausragende musikalische Autorität verbreitete sich nun rasch über den gesamten mitteldeutschen Raum. Immer wieder wurde er um Gutachten für Orgelneubauten oder um Ratschläge zur Neuordnung von Hofkapellen gebeten. Gleichzeitig mehrten sich für ihn die Aufträge für Festmusiken zu außergewöhnlichen Anlässen wie Hochzeiten einflussreicher Adliger oder politische Gipfeltreffen. 

Die Krönung seiner kirchenmusikalischen Publikationen ist ohne Zweifel die Sammlung „Polyhymnia caduceatrix et panegyrica“ von 1619. Sie vereint 40 Choralkonzerte in der „neuen italienischen Concerten-Manier“, die Praetorius für festliche Anlässe an verschiedenen Höfen komponiert hat. 

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Noten: https://www.cpdl.org/wiki/images/f/fc/Prae-wie.pdf

Wie schön leuchtet der Morgenstern
voll Gnad und Wahrheit von dem Herrn,
die süße Wurzel Jesse!
Du Sohn Davids aus Jakobs Stamm,
mein König und mein Bräutigam,
hast mir mein Herz besessen,
Lieblich, freundlich,
schön und herrlich, groß und ehrlich,
reich von Gaben,
hoch und sehr prächtig erhaben!

Zittau – eine Provinzstadt? Für das 17. Jahrhundert jedenfalls gilt das keinesfalls. Fest eingebunden in den „Sechsstädtebund“ war diese Stadt ein bedeutendes kulturelles Zentrum. Andreas Hammerschmidt war fast vier Jahrzehnte lang der unbestritten führende Musiker in Zittau.

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Notzen: https://ks4.imslp.info/files/imglnks/usimg/d/d4/IMSLP627083-PMLP999731-22._Wie_bin_ich_doch_so_herzlich_froh_Score+Parts.pdf

 

Die Stadt Zittau zählte gemeinsam mit Görlitz, Bautzen, Löbau, Kamenz und Lauban zu dem seit 1346 bestehenden „Oberlausitzer Sechsstädtebund“. Diese vom bürgerlichen Geist geprägte Wirtschafts- und Rechtsgemeinschaft sicherte der Region über mehrere Jahrhunderte weitgehende Stabilität im politischen Ränkespiel mit den umliegenden Territorien Sachsen, Brandenburg, Böhmen und Schlesien zu. Auch die Musikausübung wurde von den sechs Städten als wesentliches Mittel der Repräsentation angesehen – sowohl in der Kirche zum erhabenen Lob Gottes als auch in der Ratskammer, der Gaststube oder dem Privathaus zur bürgerlichen Erbauung. 

In diesem Umfeld konnte Andreas Hammerschmidt in Zittau ein umfangreiches Musikleben etablieren. In den fast 36 Jahren seines dortigen Wirkens komponierte er zahlreiche Motetten und geistliche Konzerte, aber auch weltliche Lieder und reine Instrumentalwerke, die er in fast jährlich erscheinenden Sammeldrucken veröffentlichte. 

Hammerschmidts erfolgreichste Publikation war der fünfteilige Zyklus der „Musicalischen Andachten“, die zwischen 1638 und 1653 gedruckt wurden und danach viele Wiederauflagen erfuhren. Die Bände enthalten insgesamt mehr als 150 geistliche Kompositionen verschiedenster Form und knüpfen stilistisch an das Werk des Dresdner Hofkapellmeisters Heinrich Schütz an. Im vierten Band dieser Reihe erschien 1646 eine prächtige, achtstimmige Fassung des Textes „Wie bin ich doch so herzlich froh“ (eines Verses des Chorals „Wie schön leuchtet der Morgenstern“ von Philipp Nicolai). 

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Notzen: https://ks4.imslp.info/files/imglnks/usimg/d/d4/IMSLP627083-PMLP999731-22._Wie_bin_ich_doch_so_herzlich_froh_Score+Parts.pdf

Wie bin ich doch so herzlich froh,
dass mein Schatz ist das A und O,
der Anfang und das Ende.
Er wird mich doch zu seinem Preis
aufnehmen in das Paradeis;
des klopf ich in die Hände.
Amen, Amen,
komm, du schöne Freudenkrone,
bleib nicht lange;
deiner wart ich mit Verlangen.

Als Johann Hermann Schein 1616 zum Leipziger Thomaskantor ernannt wurde, überraschte das keinen mehr, denn der Musiker war durch seine Kompositionen und seine gute Kontaktpflege bereits bestens bekannt. Mit der Rückendeckung eines musikbegeisterten Stadtrates schuf Schein viele geistliche und weltliche Werke und bereicherte damit ungemein das musikalische Repertoire in Leipzig.

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Noten: https://www.cpdl.org/wiki/images/c/ca/Ws-schn-nu1.pdf

Mit Johann Hermann Schein wurde 1616 ersetmals ein ehemaliger Hofkapellmeister zum Leipziger Thomaskantor ernannt; hatte Schein doch zuvor dem Herzog von Weimar gedient. Ganz in dieser Tradition sah er sich in Leipzig weniger als Kantor denn als städtischer Musikdirektor und bezeichnete sich selbst demonstrativ als „Director Chori Musici“ oder auch „General-Director der Music“. Begleitet wurde Scheins Amtsantritt in Leipzig von günstigen Umständen: Der Stadtrat mit Bürgermeister Möstel an der Spitze war außerordentlich musikfreundlich eingestellt und unterstützte die Kirchenmusik mit kontinuierlichen Zuwendungen aus der Stadtkasse. Erst am Ende des Kantorats von Johann Hermann Schein schlug diese der Kunst so aufgeschlossene Stadtpolitik angesichts der zunehmenden Kriegshandlungen um. Schein wusste sich für die ihm entgegengebrachte Großzügigkeit in bester Weise zu revanchieren und veröffentlichte während seiner Amtszeit eine Reihe von herausragenden Sammlungen. 

1627 publizierte Schein eine Sammlung mit geistlichen Gesängen quer durch das Kirchenjahr unter dem Titel „Cantional“. Eröffnet wird der Band mit einem kunstvollen fünfstimmigen Satz über das Luther-Lied „Nun komm, der Heiden Heiland“. 

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Noten: https://www.cpdl.org/wiki/images/c/ca/Ws-schn-nu1.pdf

Nun komm der Heiden Heiland,
der Jungfrauen Kind erkannt,
dass sich wunder alle Welt,
Gott solch Geburt ihm bestellt.

Nicht von Manns Blut noch von Fleisch
allein von dem Heil’gen Geist
ist Gotts Wort worden ein Mensch
und blüht ein Frucht Weibes Fleisch.

Er ging aus der Kammer sein
dem könglichen Saal so rein,
Gott von Art und Mensch, ein Held,
sein’ Weg er zu laufen eilt.

Sein Lauf kam vom Vater her
und kehrt wieder zum Vater,
fuhr hinunter zu der Höll’
und wieder zu Gottes Stuhl.

Dein Krippen glänzt hell und klar,
die Nacht gibt ein neu Licht dar,
Dunkel muss nicht kommen drein,
der Glaub bleibt immer im Schein.

Lob sei Gott dem Vater g’tan;
Lob sei Gott sei’m ein’gen Sohn,
Lob sei Gott dem Heil’gen Geist
immer und in Ewigkeit.

Martin Luther besann sich 1524 auf einen bereits mehr als 1000-jährigen kirchlichen Gesang, den Hymnus „Veni redemptor gentium“ des Ambrosius von Mailand. Der Reformator übertrug den lateinischen Text ins Deutsche, arbeitete ihn poetisch um und veröffentlichte ihn in seinem Gesangbuch unter dem Titel „Nun komm, der Heiden Heiland“. 

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Noten: https://www.cpdl.org/wiki/images/1/19/Prae-nun.pdf

Als Organist und Kapellmeister des Herzogs von Braunschweig-Wolfenbüttel veröffentlichte Michael Praetorius zwischen 1605 und 1610 seine monumentale Sammlung „Musae Sioniae“. Die neun Bände des Zyklus enthalten Choralsätze in unterschiedlichster Vokalbesetzung von zwei bis zu zwölf Stimmen. Im 2. Teil befinden sich vor allem doppelchörige Werke, darunter auch eine eher blockhaft gehaltene Vertonung des Chorals „Nun komm, der Heiden Heiland“. 

Links:

Noten: https://www.cpdl.org/wiki/images/1/19/Prae-nun.pdf

Nun komm der Heiden Heiland,
der Jungfrauen Kind erkannt,
dass sich wunder alle Welt,
Gott solch Geburt ihm bestellt.

Den adventlichen Aspekt der Besinnung und Buße betont das Lied „Mit Ernst, o Menschenkinder“. Der Berliner Hofkapellmeister Johann Eccard hat es mit einem entsprechend ernsten Chorsatz versehen. 

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Noten: https://ks4.imslp.info/files/imglnks/usimg/b/bb/IMSLP135028-WIMA.5241-19_Mit-Ernst-o-Menschenkinder.pdf

Die musikalische Laufbahn von Johannes Eccard beruhte auf einer hervorragenden und vielseitigen Ausbildung: Bereits auf der Lateinschule seiner Geburtsstadt Mühlhausen war er Schüler des berühmten Komponisten Joachim à Burck; zwölfjährig wechselte er an die Erfurter Universität, wo er Vorlesungen im reformatorischen Geist von Ludwig Helmbold hörte. Danach führte ihn der Weg über die Weimarer Hofkapelle nach München zu Orlando di Lasso, unter dessen Anleitung er die „Composition in preceptis et fundamento“ studierte. Als er 1574 in Mühlhausen seine erste Veröffentlichung mit geistlicher Musik vorlegte, schrieb er im Vorwort, dass er „von Jugend auf zu der Musik vor allen andern Künsten sonderlich Lust und Lieb getragen“ habe. Später gelangte Eccard in den Dienst der vermögenden Augsburger Fugger-Familie; danach ging er als Kapellmeister an den Königsberger Hof und folgte schließlich 1608 einem Ruf nach Berlin, wo er bis zu seinem Tod das Amt des Kurfürstlichen Kapellmeisters bekleidete.

Das überlieferte Werk von Johannes Eccard umfasst rund 300 Vokalwerke, darunter vor allem geistliche Lieder und Oden in deutscher Sprache sowie Gelegenheitskompositionen für Hochzeiten und andere feierliche Anlässe. Das Adventslied „Mit Ernst, o Menschenkinder“ setzte Eccard für fünfstimmigen Chor. Er nutzte dabei die Melodie des bekannten französischen Liedes „Une Jeune Pucelle“, die bereits dem Choral „Von Gott will ich nicht lassen“ unterlegt worden war. 

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Noten: https://ks4.imslp.info/files/imglnks/usimg/b/bb/IMSLP135028-WIMA.5241-19_Mit-Ernst-o-Menschenkinder.pdf

1. Mit Ernst, o Menschenkinder,
das Herz in euch bestellt!
Bald wird das Heil der Sünder,
der wunderstarke Held,
den Gott aus Gnad allein
der Welt zum Licht und Leben
versprochen hat zu geben,
bei allen kehren ein.

2. Bereitet doch fein tüchtig,
den Weg dem großen Gast,
macht seine Steige richtig,
lasst alles, was er hasst!
Macht alle Bahnen recht,
die Täler all erhöhet,
macht niedrig, was hoch stehet,
was krumm ist, gleich und schlecht.

3. Ein Herz, das Demut liebet,
bei Gott am höchsten steht;
ein Herz, das Hochmut übet,
mit Angst zugrunde geht;
ein Herz, das richtig ist
und folget Gottes Leiten,
das kann sich recht bereiten,
zu dem kommt Jesus Christ.

4. Ach, mache Du mich Armen
zu dieser heilgen Zeit
aus Güte und Erbarmen,
Herr Jesu, selbst bereit!
Zeuch in mein Herz hinein
vom Stall und von der Krippen,
so werden Herz und Lippen
Dir allzeit dankbar sein.

Rund ein halbes Jahrhundert war Heinrich Schütz als Hofkapellmeister der sächsischen Kurfürsten in Dresden beschäftigt. In dieser Funktion hat er zahlreiche geistliche Werke komponiert und veröffentlicht. Dazu gehören neben großbesetzten, opulenten Kompositionen auch kürzere, aber nicht minder eindringliche Werke, wie etwas das geistliche Madrigal „Ach Herr, du Schöpfer aller Ding“. 

Links:

Noten: https://www.cpdl.org/wiki/images/4/41/Ach_Herr_du_Schopfer_Schutz.pdf

Als lutherisch sozialisierter Musiker hatte Heinrich Schütz naturgemäß eine enge Beziehung zum deutschsprachigen Choral in der Tradition von Martin Luther. Immer wieder finden sich in seinen Werken Abschnitte aus Chorälen, die auf bestimmte Ereignisse oder Zeiten im Kirchenjahr anspielen. In diesem Zusammenhang ist auch das geistliche Madrigal „Ach Herr, du Schöpfer aller Ding“ zu betrachten, das Schütz 1620 geschrieben hat. Es handelt sich um die Vertonung des neunten Verses aus dem Weihnachtslied „Vom Himmel hoch, da komm ich her“ von Martin Luther für fünfstimmigen Chor und Basso continuo. Das Stück erklingt hier aber nicht als ein unbeschwerter weihnachtlicher Jubelgesang, sondern eher reflektierend und in sich gekehrt. Schütz setzt dabei eine spannungsreiche und höchst differenzierte Harmonik ein. 

Links:

Noten: https://www.cpdl.org/wiki/images/4/41/Ach_Herr_du_Schopfer_Schutz.pdf

Ach, Herr, du Schöpfer aller Ding,
wie bist du worden so gering,
daß du da liegst auf dürrem Gras,
davon ein Rind und Esel aß!

Gleichermaßen zum Ende wie zum Anfang des Kirchenjahres passt der Choral „Wachet auf, ruft uns die Stimme“ von Philipp Nicolai aus dem Jahre 1599. Er bezieht sich auf das Gleichnis von den klugen und törichten Jungfrauen, mahnt also zur Wachsamkeit beim Warten auf Gott.

Links:

Noten: http://www.michael-praetorius.de/wp-content/uploads/2020/05/E-17.021-Wachet-auff-%C3%A0-8-bis-19-Partitur.pdf

Kurz vor seinem Tod vollendete Michael Praetorius seine großbesetzte kirchenmusikalische Sammlung „Polyhymnia caduceatrix et panegyrica“. Sie vereint 40 Choralkonzerte in der „neuen italienischen Concerten-Manier“, die Praetorius für festliche Anlässe an verschiedenen Höfen komponiert hat. Besetzungen zwischen 10 und 20 Stimmen sind hier keine Seltenheit, wobei die klanglichen Differenzierungen von Streichern, Bläsern und Vokalstimmen sehr genau austariert wurden. Immer wieder wechselt Praetorius effektvoll zwischen solistischer und größerer Besetzung ab, fügt längere rein instrumentale Ritornelle ein und manifestiert den Basso continuo als durchgehendes Fundament. Unter den bearbeiteten Chorälen befindet sich auch eine ganze Reihe von Advents- und Weihnachtsliedern, so auch eine kunstvolle Fassung von „Wachet auf, ruft uns die Stimme“. 

Links:

Noten: http://www.michael-praetorius.de/wp-content/uploads/2020/05/E-17.021-Wachet-auff-%C3%A0-8-bis-19-Partitur.pdf

1. Wachet auf, ruft uns die Stimme
der Wächter sehr hoch auf der Zinne,
wach auf, du Stadt Jerusalem!
Mitternacht heißt diese Stunde,
sie rufen uns mit hellem Munde:
Wo seid ihr klugen Jungfrauen?
Wohlauf, der Bräut’gam kömmt,
steht auf, die Lampen nehmt!
Halleluja!
Macht euch bereit zu der Hochzeit,
ihr müsset ihm entgegengehn!

2. Zion hört die Wächter singen, 
das Herz tut ihr vor Freuden springen, 
sie wachet uns steht eilend auf.
Ihr Freund kommt vom Himmel prächtig,
von Gnaden stark, von Wahrheit mächtig, 
ihr Licht wird hell, ihr Stern geht auf.
Nun komm, du werte Kron, 
Herr Jesu, Gottes Sohn, 
Hosianna, wir folgen all zum Freudensaal, 
und halten mit das Abendmahl.

3. Gloria sei dir gesungen 
mit Menschen und englischen Zungen, 
mit Harfen und mit Zymbeln schon.
Von zwölf Perlen sind die Pforten 
an deiner Stadt, und wir Konsorten 
der Engel hoch in deinem Thron. 
Kein Aug hat je gesehn, 
kein Ohr hat je gehört, 
solche Freude, des sind wir froh, 
I-o, I-o, ewig in dulci jubilo.


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