Sounding Collections – Christmas Edition
Adventskonzert mit Capella de la Torre aus dem Neuen Museum in Berlin
Im spektakulären Ambiente der weihnachtlich beleuchteten Treppenhalle des Neuen Museums in Berlin spielt Capella de la Torre polyphone Bläsersätze der Renaissance sowie Weihnachtslieder, die aus dieser Zeit stammen und bis heute gerne gesungen werden. Auf dem Programm stehen zahlreiche Werke des Komponisten Michael Praetorius, dessen Jubiläum 2021 begangen wurde und von dem auch das bekannte Weihnachtslied „Es ist ein Ros entsprungen“ stammt.
Das Konzert wurde am 11.12.2021 im Neuen Museum Berlin aufgezeichnet.
Konzertaufzeichnung
[time-restrict off=”2021/12/12 17:00:00″]
[/time-restrict]
[time-restrict on=”2021/12/12 17:00:00″]
[/time-restrict]
Digitales Programmheft
Von Michael Praetorius – verstorben vor 400 Jahren in Wolfenbüttel – existiert das Bild eines überragenden Universalgelehrten, dessen Rat allerorten gefragt war. Aber war er deswegen ein staubtrockener Wissenschaftler? Seine Tanzmusik beweist auf einen Schlag das Gegenteil.
Links:
Michael Praetorius war in den ersten beiden Jahrzehnten des 17. Jahrhunderts die unangefochtene Autorität unter den mitteldeutschen Musikern. Als Kapellmeister des Herzogs von Braunschweig-Wolfenbüttel schuf er nicht nur eine Vielzahl von bedeutenden Kompositionen, sondern auch wichtige theoretische Schriften, die den Status der Musik um 1600 hervorragend wiedergeben. Darüber hinaus war er als Berater für Orgelneubauten und Kapellgründungen an vielen Orten gefragt. Auch wenn der Schwerpunkt seines Schaffens auf der Kirchenmusik lag, hat sich Praetorius auch der Tanzmusik zugewandt. 1612 veröffentlichte er die Sammlung „Terpsichore“ mit rund 300 Tanzsätzen, deren Melodien überwiegend aus französischen Quellen stammen. Die Bezeichnung „Bransle“ (von frz. Verb „branler“ = wiegen, bewegen) erscheint seit dem 15. Jahrhundert in Tanzquellen als Synonym für einen bestimmten Bewegungsablauf.
Links:
Beste Adventsmusik aus Berlin: Johann Eccard, vor reichlich 400 Jahren kurfürstlicher Kapellmeister in Berlin, komponierte mit der Motette „Übers Gebirg Maria geht“ einen adventlichen Evergreen, der in seiner Intimität und Eindringlichkeit jedes Jahr aufs Neue beeindruckt.
Links:
Noten: https://www.cpdl.org/wiki/images/b/b8/CPDL%C3%9Cbers_Gebirg.pdf
Im Alter von 21 Jahren veröffentlichte Johann Eccard in seiner Geburtsstadt Mühlhausen einen Druck unter dem Titel „Zwanzig neue christliche Gesänge“. Zweifellos wollte Eccard mit dieser „musikalischen Visitenkarte“ seine Chancen auf eine attraktive Anstellung erhöhen. So wies er im Vorwort ausdrücklich darauf hin, dass er „von Jugend auf zu der Musik vor allen andern Künsten sonderlich Lust und Lieb getragen“ und „dieselbige von den berühmtesten Musicis und Komponisten itziger Zeit“ gehört und „ex fundamento“ studiert habe. In der Tat ist Eccard unter anderem als Schüler von Joachim à Burck in Mühlhausen und Orlando di Lasso in München nachweisbar.
Drei Jahre nach seiner ersten Publikation gelangte Eccard in den Dienst der vermögenden Augsburger Fugger-Familie. Später ging er als Kapellmeister an den Königsberger Hof und folgte schließlich 1608 einem Ruf nach Berlin, wo er bis zu seinem Tod das Amt des Kurfürstlichen Kapellmeisters bekleidete. Im Zentrum seines Schaffens standen mehrstimmige geistliche und weltliche Lieder.
Der schlichte, fünfstimmige Liedsatz „Übers Gebirg Maria geht“ schildert die Begegnung Mariens mit ihrer Base Elisabeth, unmittelbar nachdem der Engel ihr die bevorstehende Geburt eines Sohnes verkündigt hat. Eccard komponierte das Werk zum Fest der Heimsuchung Mariens (2. Juli), veröffentlicht wurde es posthum in der Sammlung „Preußische Festlieder“ von seinem Nachfolger Johannes Stobaeus.
Übers Gebirg Maria geht
zu ihrer Bas Elisabeth.
Sie grüßt die Freundin, die vom Geist
freudig bewegt Maria preist
und sie des Herren Mutter nennt;
Maria ward fröhlich und sang:
Mein Seel den Herrn erhebet,
mein Geist sich Gottes freuet;
Er ist mein Heiland, fürchtet ihn,
Er will allzeit barmherzig sein.
Was bleiben immer wir daheim?
Lasst uns auch aufs Gebirge gehn,
da eins dem andern spreche zu,
des Geistes Gruß das Herz auftu,
davon es freudig werd und spring,
der Mund in wahrem Glauben sing.
Mein Seel den Herrn erhebet,
mein Geist sich Gottes freuet;
Er ist mein Heiland, fürchtet ihn,
Er will allzeit barmherzig sein.
Gaudete! – Freuet Euch! – Mit diesem Wort beginnen etliche adventliche und weihnachtliche Texte, in denen die Geburt Christi als außergewöhnlicher Grund der Freude bezeichnet wird.
Links:
Noten: https://www.cpdl.org/wiki/images/0/05/Anonymous_-_Gaudete.pdf
Aus dem 16. Jahrhundert stammt das anonym überlieferte Weihnachtslied „Gaudete! Christus est natus ex maria virgine“ („Freut euch, freut euch! Christus ist geboren von der Jungfrau Maria“). Eine erste Veröffentlichung erfolgte 1582 in der Sammlung „Piae Cantiones“. Die Melodie ist von einem auffälligen und eingängigen Rhythmus geprägt und wurde in der folgenden Zeit immer wieder rezipiert.
Links:
Noten: https://www.cpdl.org/wiki/images/0/05/Anonymous_-_Gaudete.pdf
Es ist das älteste Adventslied. „Nun komm der Heiden Heiland“ geht auf eine Vorlage zurück, die vor 1.600 Jahren entstanden ist und seitdem ohne Unterbrechung zum adventlichen Repertoire gehört.
Links:
Noten: https://www.cpdl.org/wiki/images/b/b8/CPDL%C3%9Cbers_Gebirg.pdf
Der Adventshymnus „Veni redemptor gentium“ ist einer der ältesten überlieferten christlichen Gesänge, geht er doch auf den Mailänder Bischof und Kirchenlehrer Ambrosius (um 333–397) zurück. Mit ebenso klaren wie poetisch-anrührenden Worten wird das Weihnachtsgeschehen als göttliches Wunder beschrieben. Knapp 1.200 Jahre nach ihrer Entstehung nahm sich Luther der berühmten Vorlage an und veröffentlichte seine Übersetzung 1524 unter dem Titel „Nun komm, der Heiden Heiland“ im „Wittenbergischen Gesangbuch“. Die alte Hymnenmelodie modifizierte Luther zu einer einfacheren, für den Gemeindegesang geeigneteren Weise. Michael Praetorius wiederum hat im frühen 17. Jahrhundert dieses Lied gleich mehrfach bearbeitet. Eine äußerst kunstvolle, sechsstimmige Version ist im 1607 erschienenen 5. Band der „Musae Sioniae“ enthalten.
Nun komm der Heiden Heiland,
Der Jungfrauen Kind erkannt,
Daß sich wunder alle Welt,
Gott solch Geburt ihm bestellt.
Aus dem Mittelalter stammt die Melodie des Weihnachtsliedes „Angelus ad virginem“, das von der Botschaft des Engels an Maria berichtet.
Links:
Noten: https://www.cpdl.org/wiki/images/1/10/Angelus_ad_Virginem_COMPACT.pdf
Möglicherweise waren es Franziskanermönche, die im 13. Jahrhundert das Lied „Angelus ad virginem“ in England und Frankreich populär gemacht haben. Eine der ältesten Quellen davon findet sich in einer irischen Handschrift aus der Zeit um 1360. Die Melodie im schwingenden Dreiertakt ist fröhlich und mitreißend, der Text berichtet von der Verkündigung des Engels an Maria, dass sie den Sohn Gottes zur Welt bringen wird.
Links:
Noten: https://www.cpdl.org/wiki/images/1/10/Angelus_ad_Virginem_COMPACT.pdf
Auch dieses Weihnachtslied wird seit dem Mittelalter gesungen und ist in viele Sprachen übersetzt worden. Die schwungvolle Melodie überträgt förmlich die Weihnachtsfreude.
Links:
Noten: https://www.cpdl.org/wiki/images/5/52/PuerNatus-Praetorius.pdf
„Puer natus in Bethlehem“ ist bereits im 14. Jahrhundert nachweisbar als weihnachtlicher Gesang. Noch in vorreformatorischer Zeit wurde der lateinische Text, der von der Geburt Jesu erzählt, in die deutsche Sprache übertragen, wobei mehrere Varianten kursieren: „Ein Kind geborn zu Bethlehem“ / „Ein Kindelein so löbelich“. Viele Komponisten haben diese volksnahe Dichtung im bewegten Dreiertakt mehrstimmig gesetzt, darunter natürlich auch Michael Praetorius in seiner großen Sammlung „Musae Sioniae“.
Puer natus in Bethlehem,
Unde gaudet Jerusalem,
Alleluia.
Hic iacet in praesepio,
Qui regnat sine termino,
Alleluia.
Cognovit bos et asinus,
Quod puer erat Dominus.
Alleluia.
Et Angelus pastoribus,
Revelat quod sit Dominus,
Alleluia.
In hoc natali gaudio,
Benedicamus Domino,
Alleluia.
Laudetur sancta Trinitas,
Deo dicamus gratias,
Alleluia.
Ein Kind geborn zu Bethlehem
Des freuet sich Jerusalem,
Alleluia.
Hier liegt er in der Krippe,
Der ohne Ende Herrscht,
Alleluia.
Es erkannten Ochs und Esel,
Dass der Knabe der Herr war,
Alleluia.
Und der Engel enthüllt den Hirten,
Dass er der Herr ist,
Alleluia.
In dieser Geburtsfreude
Lasst uns Gott lobsingen,
Alleluia.
Gelobt sei die heilige Dreieinigkeit,
Lasst uns Gott danken,
Alleluia.
Die Pastorale als Instrumentalstück hat in Italien eine lange Tradition. In einem ruhig-schwingenden Dreiertakt sollen diese Kompositionen den Eindruck des Kindel-Wiegens zu Weihnachten vermitteln.
Links:
Girolamo Frescobaldi galt in den ersten Jahrzehnten des 17. Jahrhunderts als außergewöhnlicher Instrumentalvirtuose. So schrieb der Florentiner Musiktheoretiker Severino Bonini 1640: „Der berühmte Girolamo Frescobaldi hat im Cembalo- und Orgelspiel eine neue Manier entdeckt, welche – wie jeder weiß – mittlerweile von der ganzen Welt als einzig musikalische angesehen wird. Wer heute nicht nach seinem Stil spielt, hat als Musiker jede Achtung verloren.“ Geboren in Ferrara, vollzog sich die Karriere von Frescobaldi vorrangig in Rom. Von 1608 bis zu seinem Tod 1643 versah er hier das Organistenamt am Petersdom. In seiner Amtszeit wurde dieses riesige Gotteshaus vollendet und erhielt ein Orgelkonzept nach Frescobaldis Vorstellungen. Sein hohes Ansehen als Komponist und Virtuose bewirkte, dass er sich seine Mäzene praktisch selbst auswählen konnte und größte künstlerische Freiheit genoss. Durch ein Netzwerk von Beziehungen zu angesehenen italienischen Adelsfamilien – allem voran den Medici und Barberini – konnte er unbegrenzt Werke veröffentlichen und wurde dadurch europaweit populär.
Links:
Von der „guten Nachricht“ spricht das Lied „La bono nouvello“ aus okzitanischer Tradition.
Okzitanien, eine Region im Süden Frankreichs an der Grenze zu Spanien, hat eine sehr reiche Musiktradition. Im Mittelalter existierten dort viele Klöster und Kirchen, an denen eine lebendige Musikkultur praktiziert wurde, auch mit ganz frühen Formen der Mehrstimmigkeit. „La bono nouvello“ ist ein Weihnachtslied aus dieser okzitanischen Tradition.
Mit diesem Liedsatz hat sich Michael Praetorius unsterblich gemacht: Das Weihnachtlied „Es ist ein Ros’ entsprungen“ ist eigentlich nur in seiner vierstimmigen Vertonung denkbar.
Links:
Noten: https://www.cpdl.org/wiki/images/a/ad/Praetorius-Es_ist_ein_Ros.pdf
Mit dem Symbol der Rose spielt das Weihnachtslied „Es ist ein Ros’ entsprungen“. Dabei gibt die erste Strophe des im 16. Jahrhundert wahrscheinlich im Umkreis des Kartäuserordens entstandenen Liedes zunächst ein Rätsel auf: Berichtet wird von einer Wurzel, die auf wundersame Weise des nachts im Winter eine Rosenblüte hervorbringt. Mit der Erwähnung von „Jesse“ ist bereits ein Hinweis auf den von Matthäus und Lukas dokumentierten Stammbaum Christi gegeben, der auch auf Isai (die latinisierte Form lautet „Jesse“), den Vater König Davids, zurückgeht. Die zweite Strophe des Liedes löst das Rätsel auf, wobei hier verschiedene Textversionen zum Tragen kommen: In der ursprünglichen Fassung werden Maria als der Rosentrieb und Jesus als das Blümlein bezeichnet („Das Röslein, das ich meine, … ist Maria, die Reine, die uns das Blümlein bracht“). Michael Praetorius, der eine textliche und musikalische Revision des Chorals anfertigte, bezog den Text im protestantischen Sinne ganz auf das neugeborene Kind („Das Röslein … hat uns gebracht alleine Marie, die reine Magd“).
Es ist ein Ros entsprungen,
Aus einer Wurzel zart,
Wie uns die Alten sungen,
Von Jesse kam die Art
Und hat ein Blümlein bracht
Mitten im kalten Winter,
Wohl zu der halben Nacht.
Das Röslein, das ich meine,
Davon Isaias sagt,
Ist Maria die reine
Die uns das Blümlein bracht.
Aus Gottes ew’gem Rat
Hat sie ein Kind geboren
Und blieb ein reine Magd.
Ein weihnachtlicher Hymnus aus dem späten Mittelalter, veredelt wiederum von Michael Praetorius in seiner Sammlung „Musae Sioniae“.
Links:
Noten: https://s9.imslp.org/files/imglnks/usimg/a/a7/IMSLP135775-WIMA.c3be-puernobis.pdf
Vermutlich im 15. Jahrhundert ist der Hymnus „Puer nobis nascitur“ entstanden, die früheste Version findet sich in einer Handschrift in Trier. Im lateinischen Text wird die Geburt Christi mit der Angst des Königs Herodes in Verbindung gebracht.
Puer nobis nascitur
Rector Angelorum
In hoc mundo pascitur
Dominus Dominorum.
In praesepe ponitur
Faeno jumentorum,
Cognoverunt Dominum,
Christum regem coelorum.
Hinc Herodes timuit
Ein Sohn wird und geboren
Der Herrscher der himmlischen Heerscharen
In dieser Welt ernährt sich
Der Herr der Herren.
In eine Krippe wird er gelegt
Mit dem Heu des Zugviehs,
Das hat erkannt
Christus, den Herren des Himmels.
Daher hat ihn Herodes gefürchtet
Das Lied „Dies est laetitiae“ wurde nach der Reformation vor allem in deutscher Übersetzung („Der Tag, der ist so freudenreich“) bekannt.
Georg Rhau verfolgte zunächst eine akademische Karriere und wurde 1518 in den Lehrkörper der Universität Leipzig aufgenommen. Kurze Zeit später übernahm er das Thomaskantorat, verließ aber um 1520 Leipzig wieder, um sich – als Anhänger der Reformation – in Wittenberg niederzulassen. Hier begründete er einen bedeutenden Verlag und gab zahlreiche Musikdrucke, Andachtsbücher sowie musiktheoretische und theologische Schriften heraus. In seinen Veröffentlichungen findet sich auch eine mehrstimmige Fassung des traditionellen Weihnachtsliedes „Dies est laetitiae“.
Ein eingängiger Weihnachts-Evergreen aus dem späten Mittelalter, zu dem gerne auch sanft eine Wiege bewegt wurde.
Links:
Noten: https://www.cpdl.org/wiki/images/b/b4/Praetorius_-_Resonet_a5.pdf
Es gibt viele Weihnachtslieder, die aufgrund ihrer hohen Qualität seit dem Mittelalter praktisch durchgehend gesungen werden. Ein schönes Beispiel dafür ist das Lied „Resonet in laudibus“, das schon in mehreren Handschriften des 14. Jahrhunderts auftaucht und bis heute aktuell ist. Die Popularität dieses Liedes liegt wohl vor allem in der wunderbar eingängigen Melodie, die von einfachen Durdreiklängen und einem sanften Dreiertakt geprägt ist. Mit diesem Ausdruck wurde das Lied „Resonet in laudibus“ auch mit dem mittelalterlichen Brauch des Kindelwiegens in Verbindung gebracht: Zum Gesang hat man eine künstlerisch gestaltete Wiege bewegt. Geradezu folgerichtig wurde das Lied dann auch mit einem anderen, deutschen Text unterlegt, nämlich „Joseph, lieber Joseph mein, hilf mir Wiegen des Kindelein“.
Resonet in laudibus
Cum iucundis plausibus
Sion cum fidelibus:
Apparuit quem genuit Maria.
Sunt impleta quae praedixit Gabriel
Eya, eya,
Virgo deum genuit
Quem divina voluit
Clementia.
Hodie apparuit in Israel;
Ex Maria virgine
Est natus rex.
Magnum nomen domini Emanuel,
Quod annuntiatum est per Gabriel.
Es erklinge in Lobgesängen
Mit freudigem Beifall
Sion zusammen mit den Gläubigen;
Erschienen ist, den Maria geboren hat.
Erfüllt ist, was Gabriel vorhergesagt hat,
Eya, eya,
Die Jungfrau hat Gott geboren
Wie es die himmlische
Güte wollte.
Heute ist er in Israel erschienen;
Aus der Jungfrau Maria
Ist der König geboren.
Gross ist der Name des Herren, Emanuel,
Der angekündigt worden ist von Gabriel.
Auch dieses Lied gehört der Gattung der weihnachtlichen Wiegenlieder an. Der Ursprung des sanften Gesanges liegt in Italien.
In vielen italienischen Städten bestand um Weihnachten herum die Tradition, dass Hirten und Schäfer aus den umliegenden Regionen in die Städte kamen und dort ihre weihnachtlichen Weisen spielten und sangen. Aus dieser Tradition stammt auch das neapolitanische Lied „Quando nascette ninno“, das ebenfalls in einem fließenden Pastoralrhythmus verfasst ist. Möglicherweise hat Georg Friedrich Händel bei seinem Neapel-Aufenthalt dieses Lied gehört und aufgezeichnet, denn der Beginn der Melodie findet sich später in seinem Oratorium „The Messiah“ wieder, ausgerechnet im Duett „He shall feed his flock like a shepherd“ („Er weidet seine Herde“).
Quando nascette Nino a Bettelemme,
Era notte a pare a mmiezo journo!
Sommertag! Maje le stele
Lusterre belle,
Sevedettero accusi!
La chiù lucente
Jette a chiammà li Maggi, in Oriente.
No n`cerano nemice ppe la terra,
La pecora pascia co lo lione,
Co le crapette
Se vedette
Lo lioparde pazzià:
L`urzo e o vitiello,
E col u lupo `npace u pecoriello.
Als der Sohn in Bethlehem geboren ward,
War es Nacht, aber so hell wie an einem
Die Sterne leuchteten
Und strahlten
Über der Stadt Bethlehem
Und ein heller Leitstern
Führte die Drei Könige an.
Als der Sohn in Mariens Arme gelegt ward,
Kamen Löw und Lamm und Bär
Und Reh zusammen
Und waren friedlich miteinander.
Neben dem Hirten wanderte der Leopard.
Alle waren im Frieden miteinander,
Bär und Kalb, Wolf und Schaf.
In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts stellte der Zwickauer Kantor Cornelius Freund eine Sammlung unter dem Titel „Weihnachtsliederbuch“ zusammen.
Cornelius Freundt stammt aus Plauen und hat ganz offentlich in Wittenberg, unmittelbar nach der Reformation, studiert. Später ging er als Kantor an die Ratsschule nach Zwickau, wo er ein reiches musikalischen Leben entwickelt hat. Freundt schuf zahlreiche geistliche Werke für den liturgischen Bedarf, die jedoch kaum gedruckt veröffentlicht wurden. Allerdings fanden einige seiner Weihnachtslieder Eingang in damalige Gesangbücher, darunter auch „Psallite unigenito“.
Psallite unigenito
Christo Dei Filio,
Redemptori domino, puerulo,
Iacenti in praesepio.
Ein kleines Kindelein
Liegt in dem Krippelein;
Alle liebe Engelein
dienen dem Kindelein,
Und singen ihm fein:
Psallite…
Lobsingt Christus,
Dem eingeborenen Sohn Gottes,
Dem Erlöser und Herrn,
Dem Kindlein, das in der Krippe liegt.
Das Wiegenlied hat in der Renaissance und im Barock zu Weihnachten eine große Tradition. Schwingende Rhythmen und ruhige Melodiebögen sollen den Eindruck des in den Schlaf wiegenden Jesuskindes vermitteln.
Wiegenlieder haben zu Weihnachten Hochkonjunktur. Der lauten und prächtigen Weihnachtsfreude wird damit ein ruhiges Element gegenübergestellt und der intime Charakter von Weihnachten betont. Viele entsprechende Lieder, aber auch Instrumentalwerke sind im Laufe der Zeit entstanden, meist im schwingenden Dreiertakt und mit ruhigen Melodiebögen.
Ein Kindlein in der Wiegen,
Ein kleines Kindelein,
Das gleisset wie ein Spiegel
Nach adeligem Schein,
Das kleine Kindelein.
Das Kindlein, das wir meinen,
Das heißt Herr Jesus Christ,
Verleih uns Fried und Einigkeit
Wohl hier zu dieser Frist,
Das geb uns Jesus Christ.
Und wer das Kind will wiegen,
Das kleine Kindelein,
Der muss das nicht betrüben,
Er muss demütig sein
Mit Maria Jungfrau rein.
O Jesu liebstes Kindelein,
Du kleines Kindelein,
Wie gross ist sie, die Liebe dein!
Schleus in das Herze mein
Die grosse Liebe dein!
Der „Quempas“. Mit dieser Abkürzung können sich Kirchenmusik schnell verständigen. Gemeint ist der weihnachtliche Gesang der Hirten auf dem Feld: „Quem pastores laudavere“.
Links:
Noten: https://www.cpdl.org/wiki/images/2/2c/Ws-prae-que.pdf
Michael Praetorius war in der Zeit um 1600 eine der größten Musikautoritäten im deutschsprachigen Raum. Sein dreibändiges musiktheoretisches Werk „Syntagma musicum“ gilt noch heute als Standardwerk frühbarocker Formenlehre sowie Instrumentenkunde. Angestellt war der aus dem thüringischen Creuzburg stammende Praetorius als Organist und Kapellmeister am Hof des Herzogs von Wolfenbüttel, darüber hinaus reiste er als Komponist und musikalischer Berater an zahlreiche höfische und kirchliche Institutionen im mitteldeutschen Raum. Er publizierte eine enorme Anzahl von geistlichen Kompositionen, herausragend ist dabei die monumentale, neunbändige Sammlung „Musae Sioniae“, die zwischen 1605 und 1610 gedruckt wurde.
Im fünften Band der Musae Sioniae erschien auch der bekannte weihnachtliche Gesang „Quem pastores laudavere“, den Praetorius kanonisch zum Singen für vier Chöre einrichtete.
Quem pastores laudavere,
Quibus angeli dixere:
Absit vobis iam timere
Natus est rex gloriae!
Ad quem magi ambulabant,
Aurum, thus, myrrham portabant;
Immolabant haec sincere
Leoni victoriae.
Exsultemus cum Maria
In coelesti hierarchia:
Natum promant voce pia
Dulci cum melodia.
Christo regi, deo nato
Per Mariam nobis dato
Merito resonet vere:
Laus, honor et gloria!
Dem die Hirten huldigten,
Welchen die Engel sagten:
„Furcht sei ferne von euch!“:
Er, der König der Ehren, ist geboren!
Zu dem die Drei Könige kamen,
Gold, Weihrauch und Myrrhe brachten;
Sie brachten es mit reinem Herzen dar
Ihm, der alles überwunden hat.
Lasst uns frohlocken mit Maria
Im Kreis der himmlischen Heerscharen:
Lasst uns den Neugeborenen feiern
Mit frommer Stimme und süßem Gesang.
Dem König Christus, Gott und Mensch,
Durch Maria uns gegeben,
Sei nach Gebühr und Wahrheit gesungen:
„Lob, Ehre und Ruhm!“
Aus dem 14. Jahrhundert stammt die Melodie zum Lied „Anni novi novitas“. Die erste Spur dazu findet sich im „Moosburger Graduale“.
Jahrhundertelang war der gregorianische Choral maßgebend für den liturgischen Gesang in Klöstern und Kirchen. Das riesige Repertoire für Messe und Stundengebet ist in verschiedenen Handschriften überliefert, beispielsweise im „Moosburger Graduale“, einem Manuskript, das im 14. Jahrhundert im damaligen Kollegiatstift Moosburg (Oberbayern) aufgezeichnet wurde. In dieser wertvollen Sammlung ist auch das Weihnachtslied „Anni novi novitas“ verzeichnet.
Von vielen populären deutschen Weihnachtslieder lässt sich kein Autor mehr ermitteln. Auch „Als ich bei meinen Scchafen wacht“ ist anonym überliefert.
Im frühen 17. Jahrhundert erscheint zum ersten Mal in einer Quelle das Weihnachtslied „Als ich bei meinen Schafen wacht“. Es handelt sich dabei um das „Kölner Gesangbuch“ von 1623. Vermutlich ist diese Sammlung im Umfeld des Jesuiten und Kirchenlieddichters Friedrich Spee entstanden. Erzählt wird in diesem Lied die Weihnachtsgeschichte aus Sicht eines Hirten, der das neugeborene Kind als erster sehen kann. Geradezu ostentativ wird das Lied durch den Ruf „Froh, froh, froh“ durchzogen.
Als ich bei meinen Schafen wacht’,
Ein Engel mir die Botschaft bracht’.
Des bin ich froh, bin ich froh,
froh, froh, froh, o, o, o!
Benedicamus Domino,
Benedicamus Domino.
Er sagt’, es soll geboren sein
zu Bethlehem ein Kindelein.
Des bin ich froh …
Er sagt’, das Kind liegt dort im Stall und soll die Welt erlösen all’.
Des bin ich froh …
Es ist eines der ältesten deutschsprachigen Weihnachtslieder: „In dulci jubilo“ wird vermutlich seit mehr als 600 Jahren zu Weihnachten gesungen.
Die spätmittelalterliche Lyrik brachte zahlreiche geistliche Texte hervor, die das Lateinische mit der Volkssprache vermischten. Auch für einfache Gottesdienstbesucher war es dadurch möglich, auf aktive Weise mit dem lateinischen Wortschatz vertraut zu werden. Ein besonders prägnantes Beispiel dafür stellt das Weihnachtslied „In dulci jubilo“ dar, das sich bereits in verschiedenen Handschriften des 14. Jahrhunderts findet. Als Autor des Liedes wird allgemein der Dominikanermönch Heinrich Seuse (1295–1366) vermutet. In einem zeitgenössischen Bericht über eine Vision dieses Mystikers heißt es nämlich, dass Engel ihm mit Gesang und Tanz trösteten und dabei „In dulci jubilo“ anstimmten. Das Lied besitzt durch seine einfache Satzweise und den schwingenden Dreiertakt einen fröhlich-tänzerischen Charakter, der die weihnachtliche Freude authentisch vermittelt.
In dulci jubilo,
Nun singet und seid froh!
Unsres Herzens Wonne
Leit in praesepio
Und leuchtet als die Sonne
Matris in gremio.
Alpha es et O!
O Jesu parvule,
Nach dir ist mir so weh.
Tröst mir mein Gemüte,
O puer optime;
Durch alle deine Güte
O princeps gloriae,
Trahe me post te!
Ubi sunt gaudia?
Nirgends mehr denn da,
Wo die Englein singen
Nova cantica
Und die Schellen klingen
In regis curia;
Eia, wärn wir da!
In süßem Jubel,
Liegt in der Krippe
Im Schoß der Mutter.
Du bist Anfang und Ende!
O Jesuskindlein,
O bester Knabe;
O Fürst des Ruhms,
Ziehe mich dir nach!
Wo gibt es Freuden?
Neue Gesänge
In der Halle des Königs;
Das Konzert ist Teil der Reihe SOUNDING COLLECTIONS in Kooperation mit der Stiftung Preußischer Kulturbesitz
Wir danken herzlich unseren Förderern und Partnern
Berliner Senatsverwaltung für Kultur und Europa
Kulturgemeinschaften
Kulturstiftung der Länder
Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien
Neustart Kultur
Medienpartner: RBB Kultur
Mitwirkende/Cast:
Prof. Dr. Matthias Wemhoff (Berlin), wissenschaftliche Erläuterungen
- Margaret Hunter – Sopran
- Capella de la Torre
- Hildegard Wippermann – Pommer und Flöte
- Annette Hils – Dulzian und Flöte
- Yosuke Kurihara – Posaune
- Mike Turnbull – Percussion
- Frank Pschichholz – Laute
- Martina Fiedler – Orgel
- Frank Pschichholz – Laute
- Katharina Bäuml – Schalmei und Leitung
Mehr zum Ensemble Capella de la Torre
Konzertaufzeichnung:
Leitung – Matthias Zeckert (German Arts)
Ton – Jürgen Drebert
Licht – Matthias Zeckert
Bildregie – Stefan König
Partiturassistenz – Ema de Sá
Kamera – Stefanie Reimann, Thorsten Krieg
Systemtechnik Video – Adam Jazdzewski
Es ist 17.10 Uhr und kein Konzert zu hören!
Jetzt kommt doch was.
Vielen Dank, ihr Lieben – es ist wunderbar!